Vor mir befindet sich ein nicht komplett gelöstes Sudoku.
Ein ungelöstes Sudoku ist nichts besonderes, denn vor mir ist ein ganzes Heftchen, voll mit leichten bis schweren Sudokus. Das halb fertige gehört zum Schwierigkeitsgrad "ganz schön raffiniert".
Angenommen, Sudokus wären Menschen.
Denn beide kann man mögen, man kann an ihnen verzweifeln, sie analysieren, bei der Analyse scheitern, den richtigen Weg finden, Fehler machen, man kann sie ausfüllen; komplett und ganz.
Manche Menschen liebt man. Kann man ein Sudoku lieben? Also nicht Sudokus generell, ein bestimmtes. Eine interessante Frage, finde ich. Und ich meine, die Antwort ist ja. Nicht aus der Begründung heraus, dass sie wie Menschen sind und man einen Menschen lieben kann, sondern aus der Begründung heraus, dass man manchmal nicht von einem Sudoku loskommt. Man denkt die ganze Zeit daran, darüber nach, fragt sich, was man machen kann. Man kommt nicht los davon. Ist fasziniert, irritiert, überlegt, schmeißt alles über den Haufen, will endlich die Antwort wissen.
Und dann?
Dann gibt es viele Möglichkeiten.
- Man kommt nicht voran: dann vergisst man es vielleicht, lässt es auf dem Klo liegen und sieht irgendwann, dass jemand anderes es ausgefüllt hat. Man könnte auch aufgrund dessen verzweifeln, wütend werden und es zerreißen
Aber jetzt mal ganz langsam, hier schreibt immerhin der Drecksoptimist! Wo bleibt das
positive?
- Man kommt voran: Na also, das klingt schon mehr nach mir. Also bitte, was passiert? In gewisser Weise ist man nicht nur selbst jemand, der das Sudoku löst, sondern das Sudoku lässt sich lösen. Es entsteht eine Beziehung zwischen dem Sudoku und dem Rätselnden. Doch was jetzt?
-> Das Sudoku wird sofort komplett gelöst. Es herrscht Einklang. Beide fühlen sich gelöst (bu-dum-tsch) und glücklich. Zumindest für eine Weile, denn wenn das Sudoku nicht im Hirn verankert ist, vergisst man es schnell. Also kommt vermutlich bald nach Einklang Einöde. Oder ein neues Sudoku. Schade...
Drecksoptimist? Andere Lösung, sofort!
-> Das Sudoku wird nicht komplett gelöst. Ab und an entdeckt man noch einen Ort, an den eine 8 oder eine 3 kommt, man sieht, an welchen Fleck besser keine 5 gesetzt werden sollte und man löst eine Spalte und eine Reihe. Vielleicht auch ein Kasten. Aber nicht alle 9. Zumindest nicht vorerst, man genießt die Zeit zu zweit, in der man am Gegenüber neue Sachen entdeckt, man fühlt sich immer mehr erfüllt (bu-dum-tsch ;) )und schlussendlich hat diese Art der Begegnung (k)ein Ende im Einklang.
Jetzt hoffe ich irgendwie, ich werde dieses Sudoku nicht so schnell lösen.
...Und euch lasse ich die Frage, die ich selbst nur zum Teil beantworten kann: Liegt vor mir ein Sudoku, dass ich mit einem Kuli bearbeite?